(Noch einmal) Cusco und das Heilige Tal

(Noch einmal) Cusco und das Heilige Tal

Ich unternahm zwei Ausflüge ins Heilige Tal, um noch weitere Inka-Stätten als Machu Picchu kennenzulernen und etwas von der traditionellen Handwerkskunst zu sehen, die hier noch sehr lebendig ist. Allein die Fahrt durch diese Gegend mit Blick auf die riesigen grünen Berge ist beeindruckend und ich fand es keine Minute langweilig, einfach im Bus zu sitzen und aus dem Fenster zu schauen. In beiden Ausflugsgruppen war ich die einzige Nicht-Spanisch-Sprecherin, was mich aber nicht weiter störte. (Ein argentinischer Gast etwa in meinem Alter versuchte ständig, mit mir ein Gespräch zu beginnen, doch der argentinische Dialekt hat mich ständig in die Knie gezwungen. Dafür hat mein Anfänger-Spanisch dann wirklich nicht gereicht.)

In Pisac besuchten wir eine Inka-Stätte, die wie aus diesen typischen Terassen bestand, die ins Gebirge gebaut wurden. Es wurde mal wieder viel hoch und runter gelaufen, ich verbrachte jedoch die meiste Zeit damit, einfach in die Weite zu schauen und den Blick ins Tal zu genießen. Außerdem besuchten wir eine Schmuchschmiede. In der Gegend gibt es Silber und viele Erze im Boden, daher gibt es eine lebendige Handwerkstradition für Schmuck-Herstellung. In Chinchero erklärte man uns Schritt für Schritt, wie die schönen bunten Stoffe entstehen und was die Muster bedeuten. Das Garn für die Stoffe wird aufwendig aus Wolle gesponnen und mit Pflanzenfarbe gefärbt. Dann werden die Stoffe von Hand gewebt, wobei all die typischen Muster eine symbolische Bedeutung haben.

In Maraz besuchten wir die rosanen Salzpfannen. Das Salz fließt per Rinnsal aus einer unterirdischen Salzmine nach draußen und sammelt sich in unzähligen kleinen und großen Salzpfannen. Das Salz wird auch abgebaut und gehandelt, teils zum Essen, teils für Heilanwendungen. Außerdem besuchten wir die Terrassen von Moray, eine weitere der vielen Inka-Stätten in dieser Gegend. Die Terassen wurden von den Inka angelegt, um landwirtschaftliche Experimente zu machen, denn jede der Terassen hat ein eigenes Mikro-Klima. Der Ort ist heute UNESCO-Weltkulturerbe.

Mein Highlight war der Besuch in Ollantaytambo. Hier kommt man bereits einmal durch wenn man nach Machu Picchu fährt, da man hier vom Bus in den Zug umsteigt. Es lohnt sich jedoch, hier einen richtigen Zwischenstop zu machen, da der Ort selbst sehr beeindruckend ist. Es ist ein größeres Dorf bzw. eine kleine Stadt, die noch sehr von der traditionellen Inka-Bauweise geprägt ist. Außerdem gibt es hier eine weitere große Inka-Stätte, die mehrere hundert Meter hoch in den Berg gebaut wurde. Anders als viele andere Völker, die sich eher in Tälern ansiedelten, bauten die Inka ihre Siedlungen auf gewisser Höhe, vermutlich um sich vor Gegnern zu schützen. (Was ihnen am Ende leider auch nichts genützt hat.)

Wenn man in Ollantaytambo steht und auf die Berge blickt, wundert man sich nicht, dass die Inka sich diesen Ort zum Siedeln gesucht haben. Die Umgebung ist einfach atemberaubend! Mal wieder bestand die Tour daraus, in den anderthalb Stunden, die wir hier hatten, die alten Ruinen hochzurennen, um oben dann einen Pisco Sour zu trinken. Durch das ständige Klettern verpasst man meiner Meinung nach das Beste: nämlich einfach mal inne zu halten, Andenluft zu atmen und die Magie des Ortes auf sich wirken zu lassen.

Die restlichen Tage verbrachte ich im Wesentlichen damit, durch Cusco zu schlendern und mich treiben zu lassen. Bei meinem ersten Besuch hatte ich bereits einen kleinen Laden gefunden, in dem eine Familie handgemachte Stiefel verkauft. In die Stiefel hatte ich mich sofort verliebt und ein paar mitgenommen. Nun kam ich noch einmal wieder, um noch ein paar mehr Paare mit nach Hause zu nehmen. Ich unterhielt mich mit der Familie und durfte schließlich sogar ihre Werkstatt ein paar Straßen weiter besuchen. In liebevoller Handarbeit entstehen hier die bunten Stiefel aus Rindsleder und traditionellen Stoffen. Gern würde ich mehr davon an den Füßen der Berliner sehen!

Die Kontaktfreudigkeit und Zugewandtheit der Peruaner hat mich immer wieder aufs Neue überrascht. Eines Abends schlenderte ich durch die Gassen von San Blas auf der Suche nach einem Restaurant, um etwas zu essen, als ein Typ aus dem Fenster rief, winkte und rief: „Komm hoch! Wir haben Cocktails!“ Versteckt im Obergeschoss des Hauses gab es eine kleine Bar, in der tatsächlich auch Essen serviert wurde. Ich setzte mich und der Typ vom Fenster begann mit mir zu reden. Er war Ende zwanzig, hatte lange Haare und nannte sich Fich. Er kam aus einem Dorf bei Iquitos, wie ich später erfuhr, doch war zu verrückt für das Leben in der Provinz.

Er lud mich ein, später am Abend noch zu einem Theaterfestival zu gehen. Mein deutsches Sicherheitsdenken setzte erstmal wieder ein und ich fragte mich, ob das eine gute Idee sei, aber da ich mit aufgeschlossenen Fremden auf meiner Reise ausschließlich gute Erfahrungen gemacht hatte, entschied ich, warum nicht. Gegen 22 Uhr kam ich wieder und wir liefen einmal quer durch die ganze Altstadt zu einem Hostel, in dessen Hof ein riesen Zirkusspektakel stattfand. Fich und ich teilten uns ständig (m)ein Bier, er stellte mir zahlreiche der Artisten vor, die aus ganz Lateinamerika kamen und wir bestaunten Feuerspucker, Clowns und Trapezkünstlerinnen. Als Fich mich kurz nach Mitternacht vor meinem Hostel in San Blas ablieferte, war er glaube ich etwas enttäuscht, dass ich allein nach oben gehe, doch für mich war es ein rundum gelungener Abend.

An meinem letzten Tag besuchte ich abends noch eine Ayahuasca-Zeremonie. Ich buchte sie zwei Tage zuvor in einem Laden, der allerhand schamanistische Gegenstände verkaufte. Am besagten Abend trafen wir uns um 19 Uhr in dem Laden und fuhren dann hoch zu einem Haus in den Bergen, wo wir die Nacht verbringen würden. Die Zeremonie wurde von einer Schamanin der Shipibo aus dem Amazonas geleitet. Außerdem war ihre Schwester da, die auf uns aufpasste. Die Maloka (die traditionelle runde Zeremonie-Hütte) war warm und gemütlich, es gab kuschelige Kissen und warme Decken, direkt vor der Maloka gab es saubere Toiletten, alles schien ein perfektes Ambiente zu sein.

Wir waren nur drei Teilnehmer, das hätte also eigentlich alles sehr schön werden können. Wurde es dann leider nicht. Ich merkte schon beim Trinken, dass das Ayahuasca sehr dünn ist als wäre es mit Wasser gestreckt. Entsprechend flach und kurz war meine Erfahrung. Der Typ neben mir übergab sich ständig in einer Lautsärke, die mich permanent aus meinem Film riss. (Er tat mir leid dafür, dass er so leiden musste, ich ärgerte mich aber etwas über das unstimmige Gesamterlebnis.) Nach nur einer Stunde war ich wieder bei vollem Bewusstsein und haute mich dann aufs Ohr um zu schlafen. Zumindest dafür waren die kuscheligen Schlafstätten ideal. Am Morgen wurden wir wieder in die Stadt gefahren und wir gingen mit unserer kleinen Dreiergruppe frühstücken.

Ich wusste ja eigentlich, dass man nicht viel erwarten darf, wenn man Ayahuasca in einem typischen Touristenzentrum bucht, wollte mich aber selbst davon überzeugen, wie groß der Unterschied ist. Abgesehen von der sehr „dünnen“ Erfahrung fand ich es bedenklich, dass im Vorfeld keinerlei Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden. Weder wurde ich darauf hingewiesen, dass ich vorher bestimmte Lebensmittel meiden sollte, noch wurde nach medizinischen Bedingungen wie Erkrankungen oder Medikamenten gefragt. In meinem Fall war das nicht weiter dramatisch, da ich das entsprechende Vorwissen hatte. Doch für Menschen, die aus Neugier spontan in eine solche Erfahrung hineinstolpern, kann das ein böses Erwachen geben.

Es ist so schön hier in Cusco, dass ich hoffe, irgendwann noch ein drittes Mal wiedekommen zu können. In Cusco habe ich so viele liebe Menschen kennengelernt, die mir eine unvergessliche Zeit beschert haben. Nach sechs Wochen in zwei Ländern, acht verschiedenen Städten und Nächten in 15 verschiedenen Betten freue ich mich jetzt auf meine Rückkehr nach Berlin!