Spanisch ziemlich rápido – Teil 4

Als ich im Dezember 2017 einen A1 Spanischkurs begann, ahnte ich nicht, wie besessen ich bald von dieser Sprache sein würde. Heute, neun Monate und drei Niveau-Stufen später, bin ich überrascht, wie schnell man eine Sprache lernen kann ohne je Vokabeln gepaukt zu haben. Meine Tricks und Strategien dafür (die natürlich nicht nur für Spanisch funktionieren), hab ich in dieser Artikelreihe zusammengefasst.

Spanisch ziemlich rápido – Teil 4

In die Kultur eintauchen

Es ist hinlänglich bekannt, dass Medien wie Musik, Filme, Serien, Bücher, Artikel und Zeitschriften ein großartiger Weg sind, um eine Fremdsprache zu lernen. Dennoch weiß ich durch Kontakt mit anderen Spanisch-Lernern, wie wenig manche diesen Weg für sich nutzen. Ich bin ein echter Serien-Junkie und habe alle 14 Staffeln „Grey’s Anatomy“ mehrfach gesehen, weil ich abends zum Runterkommen meistens irgendeine Serie nebenbei laufen lasse. Seit ich spanisch lerne, habe ich diese Routine radikal durch spanischsprachige Medien ersetzt.

Netflix, Amazon Prime & Co.

Auf den gängigen Streaming-Plattformen gibt es unzählige Filme und Serien auf spanisch, die man alle im Original ansehen kann. Für mich hat sich die Kombination aus spanischem O-Ton und deutschen Untertiteln als ideal erwiesen. Amazon ist insofern praktischer als Netflix, als es hier die Funktion „10 Sec zurück“ gibt. Hat man etwas nicht richtig verstanden, kann man einfach 10 Sekunden zurückspringen und sich den Satz noch einmal anhören, ohne händisch an der Zeitleiste rumfummeln zu müssen.

YouTube mit Geschwindigkeitssteuerung

Auch auf YouTube gibt es sehr viele spanische Filme in Vollversion. Denen fehlen zwar meistens die Untertitel, jedoch hat YouTube einen anderen Vorteil: Man kann die Geschwindigkeit des Videos verlangsamen. Während ich Filme aus Lateinamerika (wenn sie nicht gerade aus Argentinien kommen) meistens relativ gut verstehe, sind Filme aus Spanien eine echte Herausforderung. Viel zu schnell! Stellt man die Geschwindigkeit auf 0,75-fach um, wird das Ganze schon einfacher, ohne dass es sich seltsam anhört.

Musik hören und übersetzen

Meine persönliche Wunderwaffe sind spanische Liedtexte. Das erste spanischsprachige Lied, in das ich mich abgöttisch verliebte, war „Loca“ von der chilenischen Band Chico Trujillo. Nachdem ich es entdeckt hatte, besorgte ich mir im Internet den Liedtext, übersetzte jede Zeile und begann, es (zunächst mühselig) mitzusingen. Dann erstellte ich eine Playlist und hörte das Lied an einem Wochenende ungefähr 100 Mal, bis ich wirklich jede Zeile auswendig mitsingen konnte. (Auch bescherte mir das Lied ein sehr unterhaltsames Tinder-Date mit Alberto aus Cadiz, mit dem ich, nachts vor dem Berliner Dom sitzend, über die Textzeile „Entonces, la emoción confirma al sentimiento“ philosophierte.) Als Chico Trujillo neulich in Berlin spielte, sang ich mir die Seele aus dem Leib und war genauso textsicher wie all die unzähligen Chilenen im Publikum, die ihre musikalischen Nationalhelden feierten.

Doch Chico Trujillo war nur der Anfang. Ich habe ein Faible für Liedermacher und die spanischsprachige Welt hat hier ein ganz wunderbares Kulturgut zu bieten. Liedermacher sind eine tolle Quelle zum Sprachen lernen, da sie sehr gut verständlich sind (Gesang, Gitarre, Herzblut – sonst nichts), in wunderschönen sprachlichen Bildern singen, was vielfältigste Vokabeln mit sich bringt, und man durch den zumeist politischen Einschlag auch noch etwas über die Geschichte des Kulturraums lernt. Beim Lernen durch Liedermacher ist meine Empfehlung ganz klar: Qualität statt Quanität. Ich suche mir ein, zwei, drei Lieder raus, die ich wirklich mag, übersetze den Text und höre dann die Lieder in Dauerschleife, bis ich sie mitsingen kann. Daher kenne ich so seltsame Worte wie Irrsinn, Rausch, Verräter oder Götterdämmerung, die in keinem A2/B1-Lehrbuch zu finden sind. Ganz nebenbei habe ich angefangen, einen Sinn für spanischsprachige Poesie zu entwickeln.


Weitere Artikel dieser Reihe:

Spanisch ziemlich rápido – Teil 1: Den richtigen Kurstyp wählen
Spanisch ziemlich rápido – Teil 2: Wer schreibt, der bleibt lernt
Spanisch ziemlich rápido – Teil 3: Kontakt mit Muttersprachlern suchen (trotz Angst)
Spanisch ziemlich rápido – Teil 4: In die Kultur eintauchen
Spanisch ziemlich rápido – Teil 5: Social Media en español
Spanisch ziemlich rápido – Teil 6: Wenn man sonst niemanden zum reden hat…